Was ist Satire und wie erkenne ich das?
Eine Kolumne in der "taz" hat in der deutschen Öffentlichkeit für Furore gesorgt, wie es schon seit langem kein journalistischer Text mehr vermochte. Hengameh Yaghoobifarahs Text ist hier nachzulesen und nicht sehr lang, weswegen eine Zusammenfassung an dieser Stelle nicht nötig ist. Um sich eine Meinung darüber zu bilden, sollte ihn eh jede*r selbst gelesen haben. Nur so viel: Polizist*innen kommen dabei nicht gut weg.
Die Reaktionen fielen heftig aus, vermutlich heftiger als erwartet. Die reaktionärere der beiden großen Polizeigewerkschaften, die "DPolG", drohte mit einer Klage wegen – festhalten – Volksverhetzung. Die (angebliche!) Verunglimpfung eines Berufsstandes ist also gleichbedeutend mit antisemitischen Vernichtungsfantasien oder dem Aufruf zu ethnischen Säuberungen. Aber auch aus anderen Ecken schwappte eine Welle der Feindseligkeit über Zeitung und Autor*in, die beunruhigende Ausmaße annahm. Die "NZZ", eine Zeitung für Schweizer*innen mit Deutschlandfetisch und reichlich Unbehagen der modernen Welt gegenüber, sah ebenfalls den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt.
Die CSU sendete in die Weiten des Internets, was nur als gezielte Hetze gegen einzelne Journalist*innen bezeichnet werden kann: In einer AfD-esken Montage aus vermummten Randalierer*innen und dem Claim "POLIZEI VOR LINKER HETZE SCHÜTZEN" (farbliche Hervorhebung im original) verbreitet die bayerische Lokalpartei auch die Autor*in des kritisierten Textes, mitsamt Namen und Porträtfoto. Das ist keine berechtigte Kritik mehr, und glücklicherweise fühlte sich der CSU-Generalsekretär Marcus Blume schnell dazu gedrängt, den Post zu löschen und sich zu entschuldigen – nicht für den Inhalt der Kritik, aber zumindest für die Form.
Selbstverständlich ist allen Kritiker*innen rechts der Mitte die intendierte Satire des meinungsstarken Stückes voll und ganz abgegangen, aber diese Gefahr besteht bei überspitzten und ironischen Texten immer. Vielleicht wollten die lautstarken Polizeischützer den Artikel auch gar nicht richtig verstehen, schließlich bot er doch eine gute Gelegenheit, inmitten einer globalen Diskussion um Polizeigewalt und Behördenwillkür einmal den Spieß umzudrehen und die Polizei als Opfer gemeiner Hetze darzustellen.
Es erinnerte an die bizarren Szenen im Bundestag, als die AfD erwirken wollte, einzelne Texte des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel zu verurteilen. Auf den rechtsstaatlich zweifelhaften Antrag folgten unterhaltsame Reaktionen wie etwa eine großartig wütende Rede Cem Özdemirs.
Die "taz" hätte sich also vor ihre Autor*in stellen können, um allen Kritiker*innen unmissverständlich klar zu machen, dass die Zeitung, die vom ersten Tag an alles anders machen wollte als die etablierte Medienlandschaft, zu ihren Leuten steht und niemanden vor den Bus schubst, wenn der Scheißesturm losbricht. Es folgten mehrere Texte, die an dem satirischen Stück kein gutes Haar ließen. Chefredakteurin Barbara Junge entschuldigte sich für den Text und kündigte eine Reihe an, die sich allein dem kritisierten Stück widmen soll.
Stefan Reinecke warf Yaghoobifarah Clickbaiting vor, was insofern interessant ist, als dass eine ganzwöchige Textreihe zu ein und demselben Thema sicherlich ebenfalls darauf ausgelegt ist, das bundesweite Interesse an dem Text (und damit auch an der Zeitung) für die Reichweite zu nutzen. Bettina Gaus schaute aus dem journalistischen Elfenbeinturm auf die allein gelassene Kolumnist*in herab und machte sich nicht einmal die Mühe, die nicht-binäre Autor*in korrekt zu gendern.
Von Zusammenhalt, Solidarität oder Unterstützung keine Spur. Alle Stimmen, die sich aus der Redaktion bisher gemeldet haben, grenzen sich von Yaghoobifarah ab, und das mitunter sehr scharf. Niemand möchte Verantwortung dafür übernehmen oder davon gewusst haben. Es wirkt, als könnten die Kolumnist*innen der "taz" ihre Texte einfach so abdrucken lassen, ohne den eigentlich obligatorischen Vorgang der Redigatur zu durchlaufen.
Positive Meinungen zur Kolumne sollen der Ankündigung nach noch folgen. Hoffentlich bald, denn die explizit linke Tageszeitung verspielt Glaubwürdigkeit, wenn zwischen all den hausgemachten Angriffen erst ein Feuilletonist der traditionell konservativen "FAZ" kommen muss, um Yaghoobifarah in Schutz zu nehmen.
In der Medienszene scheint es viel Solidarität für Yaghoobifarah zu geben. Bleibt die Frage, wie es im übrigen Teil der Gesellschaft aussieht. Um die Kolumne wird es im weiteren Verlauf des Disputs wohl nur noch am Rande gehen; schon jetzt geht es vor allem um den Konflikt innerhalb der Redaktion und die Rückendeckung, derer sich Autor*innen auch bei kontroversen Texten sicher sein können – oder auch nicht.
Die Reaktionen fielen heftig aus, vermutlich heftiger als erwartet. Die reaktionärere der beiden großen Polizeigewerkschaften, die "DPolG", drohte mit einer Klage wegen – festhalten – Volksverhetzung. Die (angebliche!) Verunglimpfung eines Berufsstandes ist also gleichbedeutend mit antisemitischen Vernichtungsfantasien oder dem Aufruf zu ethnischen Säuberungen. Aber auch aus anderen Ecken schwappte eine Welle der Feindseligkeit über Zeitung und Autor*in, die beunruhigende Ausmaße annahm. Die "NZZ", eine Zeitung für Schweizer*innen mit Deutschlandfetisch und reichlich Unbehagen der modernen Welt gegenüber, sah ebenfalls den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt.
Die CSU sendete in die Weiten des Internets, was nur als gezielte Hetze gegen einzelne Journalist*innen bezeichnet werden kann: In einer AfD-esken Montage aus vermummten Randalierer*innen und dem Claim "POLIZEI VOR LINKER HETZE SCHÜTZEN" (farbliche Hervorhebung im original) verbreitet die bayerische Lokalpartei auch die Autor*in des kritisierten Textes, mitsamt Namen und Porträtfoto. Das ist keine berechtigte Kritik mehr, und glücklicherweise fühlte sich der CSU-Generalsekretär Marcus Blume schnell dazu gedrängt, den Post zu löschen und sich zu entschuldigen – nicht für den Inhalt der Kritik, aber zumindest für die Form.
Selbstverständlich ist allen Kritiker*innen rechts der Mitte die intendierte Satire des meinungsstarken Stückes voll und ganz abgegangen, aber diese Gefahr besteht bei überspitzten und ironischen Texten immer. Vielleicht wollten die lautstarken Polizeischützer den Artikel auch gar nicht richtig verstehen, schließlich bot er doch eine gute Gelegenheit, inmitten einer globalen Diskussion um Polizeigewalt und Behördenwillkür einmal den Spieß umzudrehen und die Polizei als Opfer gemeiner Hetze darzustellen.
Es erinnerte an die bizarren Szenen im Bundestag, als die AfD erwirken wollte, einzelne Texte des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel zu verurteilen. Auf den rechtsstaatlich zweifelhaften Antrag folgten unterhaltsame Reaktionen wie etwa eine großartig wütende Rede Cem Özdemirs.
Die "taz" hätte sich also vor ihre Autor*in stellen können, um allen Kritiker*innen unmissverständlich klar zu machen, dass die Zeitung, die vom ersten Tag an alles anders machen wollte als die etablierte Medienlandschaft, zu ihren Leuten steht und niemanden vor den Bus schubst, wenn der Scheißesturm losbricht. Es folgten mehrere Texte, die an dem satirischen Stück kein gutes Haar ließen. Chefredakteurin Barbara Junge entschuldigte sich für den Text und kündigte eine Reihe an, die sich allein dem kritisierten Stück widmen soll.
Stefan Reinecke warf Yaghoobifarah Clickbaiting vor, was insofern interessant ist, als dass eine ganzwöchige Textreihe zu ein und demselben Thema sicherlich ebenfalls darauf ausgelegt ist, das bundesweite Interesse an dem Text (und damit auch an der Zeitung) für die Reichweite zu nutzen. Bettina Gaus schaute aus dem journalistischen Elfenbeinturm auf die allein gelassene Kolumnist*in herab und machte sich nicht einmal die Mühe, die nicht-binäre Autor*in korrekt zu gendern.
Von Zusammenhalt, Solidarität oder Unterstützung keine Spur. Alle Stimmen, die sich aus der Redaktion bisher gemeldet haben, grenzen sich von Yaghoobifarah ab, und das mitunter sehr scharf. Niemand möchte Verantwortung dafür übernehmen oder davon gewusst haben. Es wirkt, als könnten die Kolumnist*innen der "taz" ihre Texte einfach so abdrucken lassen, ohne den eigentlich obligatorischen Vorgang der Redigatur zu durchlaufen.
Positive Meinungen zur Kolumne sollen der Ankündigung nach noch folgen. Hoffentlich bald, denn die explizit linke Tageszeitung verspielt Glaubwürdigkeit, wenn zwischen all den hausgemachten Angriffen erst ein Feuilletonist der traditionell konservativen "FAZ" kommen muss, um Yaghoobifarah in Schutz zu nehmen.
In der Medienszene scheint es viel Solidarität für Yaghoobifarah zu geben. Bleibt die Frage, wie es im übrigen Teil der Gesellschaft aussieht. Um die Kolumne wird es im weiteren Verlauf des Disputs wohl nur noch am Rande gehen; schon jetzt geht es vor allem um den Konflikt innerhalb der Redaktion und die Rückendeckung, derer sich Autor*innen auch bei kontroversen Texten sicher sein können – oder auch nicht.
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